Landwirtschaft live erlebt
Am Freitag, 17. Mai 2024 konnte man sehen, wie 3 wichtige Ackerkulturen angebaut und gepflegt werden.
Die SVP-Moosseedorf gab auch dieses Jahr praxisnahe Einblicke in die Landwirtschaft. Kartoffeln, Raps und Getreide sind wichtige Kulturen für die Ernährung der Schweizer Bevölkerung. Moosseedorfer Landwirte informierten über den aktuellen Stand auf den Feldern und erklärten Anbau, Pflege und Ernte.
Bei schönem Frühlingswetter liess sich ein zahlreiches Publikum den Stand der Kulturen zeigen und nutzte anschliessend die Gelegenheit, das Gesehene zu diskutieren. Imbiss und Getränke – offeriert von der SVP-Moosseedorf und Sponsoren – sorgten für das leibliche Wohl.
Die Schweizer Landwirtschaft wird zwar häufig in den Medien diskutiert, aber echtes Praxiswissen glänzt dabei oft durch Abwesenheit. Ende Juni 2023 hatte die Moosseedorfer SVP erstmals einen Rundgang mit Kurzvorträgen direkt auf den Äckern organisiert – fachgerecht als „Flurbegehung“ bezeichnet. Vom Publikumserfolg ermutigt, wurde dieses Jahr ein Anlass im Rahmen des Aktionsmonats „Moosseedorf miteinander“ angeboten. Mitte Mai sind die Kulturen zwar noch weniger entwickelt, aber Manuela Bigler, Martin Häberli und Simon Bigler konnten auch so spannende Einblicke zu drei wichtige Nutzpflanzen geben.
Kartoffeln
Die Kartoffel wurde bereits 8000 v. Chr. durch die Inkas angebaut. Man sagt, dass dank deren hohem Ertrag bei wenig Aufwand die Inkas genügend freie Arbeitskräfte hatten, um die berühmten Tempel und Städte zu bauen. In Europa waren Kartoffeln zuerst Zierpflanzen, erst im 18. und 19. Jahrhundert wurden sie zur bedeutenden und preiswerten Nahrungsquelle. 2023 produzierten 3‘965 Landwirtschaftsbetriebe 360‘394 Tonnen auf einer Fläche von 10‘726 Hektaren. In der Schweiz werden pro Kopf und Jahr rund 48 kg Kartoffeln verspeist, in Deutschland sind es (wegen tieferen Durchschnittslöhnen?) rund 60 kg.
Von der Pflanzung im März und April bis zur Ernte von August bis Oktober sind die Kartoffeln vielen Gefahren ausgesetzt: ein Pilzerreger verursacht die Kraut- und Knollenfäule. Weil sich die Pilzsporen über die Luft verbreiten, hilft dagegen praktisch nur Spritzen mit Fungiziden oder Kupferlösungen. Robuste Sorten, welche eine hohe Resistenz gegen die Kraut- und Knollenfäule haben, sind in der heutigen Zeit gefragt. Da eine neue Kartoffelsorte etwa zehn Jahre bis zur Marktreife braucht, werden noch einige Jahre vergehen, bis der Einsatz von Fungiziden stark reduziert werden kann. Der wichtigste Schädling ist der Kartoffelkäfer. Dieser wurde vor Jahrzehnten noch von Hand aus den Stauden gelesen. Heute wäre diese Arbeit unbezahlbar und wird darum durch Insektizide (biologische und chemische) erledigt. Unkraut kann in den meisten Fällen durch Hacken und Striegeln im Zaum gehalten werden. Bei allen Pflegemassnahmen werden Schadschwellen beachtet: Behandlungen erfolgen nur, wenn diese günstiger sind als der potentielle Schaden.
Mehr Infos zu Kartoffeln
Merkblatt KARTOFFELN Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg
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Raps
Diese Ölpflanze stammt aus dem westlichen Mittelmeerraum und ist dort aus einer natürlichen Kreuzung zwischen Kohl und Rübse entstanden. 2023 produzierten rund 6‘500 Landwirtschaftsbetriebe 82‘291 Tonnen auf einer Fläche von 25‘314 Hektaren. Die klassischen Sorten finden in der kalten Küche Verwendung. Die neueren Sorten (HOLL = High Oleic – Low Linolenic; hoher Ölsäuregehalt. geringer Anteil an Linolensäure) ergeben hoch erhitzbare Öle beispielsweise zum Frittieren. Neben den drei grossen Ölwerken – Oleificio Sabo in Horn (TG), Florin AG in Muttenz (BL) sowie der Nutriswiss AG in Lyss (BE) – gibt es auch kleine Ölmühlen für Spezialtäten. Aus den Rapskörnern kann rund 1/3 Öl gewonnen werden, die restlichen 2/3 bilden als Presskuchen die Basis für energiereiches Tierfutter.
Von der Aussaat Ende August bis zur Ernte Anfang August des Folgejahres ist der Raps vielerlei Gefahren ausgesetzt. Unkräuter werden normalerweise mit Herbiziden bekämpft. Es stehen jedoch auch Alternativen zur Verfügung. Einerseits kann mit einer Untersaat, welche über den Winter abfriert, das Unkraut unterdrückt werden. Andererseits eignet sich der Raps auch für die mechanische Unkrautbekämpfung. In diesem Fall wird der Raps in Reihen gesät und die Zwischenräume anschliessend maschinell bearbeitet. Pilze versucht man mit resistenten Sorten und geeigneter Fruchtfolge im Schach zu halten. Gegen Insekten wie Erdflöhe, Stängelrüssler, Glanzkäfer muss oft Insektizid eingesetzt werden. Sonst werden die Rapspflanzen massiv geschwächt und können sogar absterben.
Mehr Infos zu Raps
Merkblatt RAPS Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg
LINK Raps-Infoseite
Weizen
Dieser wurde vor ca. 8‘000 Jahren im Nahen Osten domestiziert. Aus dem Einkorn wurde der Brotweizen gezüchtet, heute bei uns das wichtigste Getreide. 2023 produzierten rund 19‘000 Landwirtschaftsbetriebe 437‘000 Tonnen backfähiges Brotgetreide auf einer Fläche von 79‘954 Hektaren. Das meiste Brotgetreide wird im Oktober ausgesät, Frühlingssaaten sind weniger als 2%. Erntezeit ist Juli und August; das Korn soll maximal 14% Feuchte aufweisen, um teure Nachtrocknungen zu vermeiden. Die Ausbeute vom Korn beträgt beim Weissmehl rund 30%, beim Ruchmehl 70% und beim Vollkornmehl 100%. Was nicht im Mehl landet, ist gesuchter Bestandteil für Viehfutter.
Die heutigen Weizensorten sind recht standfest und ziemlich resistent gegen Pilzerkrankungen. Unkraut kann oft mechanisch bekämpft werden. Von den Insekten kann noch das Getreidehähnchen (eine Käferart) den Weizen beeinträchtigen. Wenn die Larven zu viel Blattmasse fressen, wird die Fotosynthese und damit das Wachstum massiv behindert. Weizen braucht Nährstoffe in Form von Gülle oder Mist oder von Mineraldünger. Die Dosierung ist auch vom Wetter abhängig und darum eine spezielle Wissenschaft: ein Zuviel macht den Bestand zu dicht und die Ähren zu schwer; ein Zuwenig nutzt das Ertragspotential nicht aus.
Übrigens: Getreide in weiter Reihe oder mit Lücken (= Hasengassen) soll zur Förderung von Feldhasen und/oder Feldlerchen beitragen und ist nicht ein Fehler bei der Aussaat.
Mehr Infos zu Weizen
Merkblatt WEIZEN Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg
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Alle Gäste konnten bei Imbiss und Getränken weiter über das Gesehene diskutieren. Einige schilderten Erlebnisse aus dem Landdienst und der Mithilfe bei Bauern; Andere erhielten noch Antworten auf viele Fragen. Eines ist sicher: die Teilnehmenden konnten viel Interessantes erfahren und bleibende Eindrücke mit nach Haus nehmen.